Aureus und Justinus
Die beiden heiligen Männer Aureus und Justinus wurden zu Zeiten Attilas in Mainz verhaftet. Nach ihrer erfolgreichen Flucht verbargen sie sich in Rustenfelde. Dort wurden sie von einem Präfekt Attilas gestellt. Der veranlasste den Dorfschmied zwei Paar eiserne Schuhe zu fertigen, die im Inneren Stacheln hatten. Da die beiden Heiligen durch die Schuhe nicht verletzt wurden, zog man ihnen glühend heiße Helme über den Kopf, die dann aber kalt zu Boden fielen. Also schmiedete man die beiden Gefangenen an einen Baum in einem Wald voller wilder Tiere. Sie sollten im Angesicht der Bestien von ihrem Glauben abschwören. Der Präfekt befahl einigen Wächtern in die Bäume zu klettern und dort abzuwarten. Jedoch ließen die wilden Tiere die heiligen Männer in Ruhe. Zwei Kerzen brannten plötzlich vor Ihnen und vom Himmel kamen Engel und beteten zusammen mit den Heiligen um Verzeihung für ihre Verfolger.
Am nächsten Morgen erfuhr der Präfekt von dem Schauspiel und er ließ die beiden einen Kopf kürzer machen. Die Wächter im Wald jedoch beschlossen Christen zu werden und ließen sich taufen. Der Präfekt ließ sie ebenfalls hinrichten.
Wolf der Unhold
Im Dorf Marth, unterhalb des Rustebergs, lebte ein altes Ehepaar. Die sammelte Kräuter, die der Mann zu heilsamen Tränken verbraute und sie konnten damit so manchen vor dem Tod retten. Die beiden hatten eine Sohn, Wolf. Keines der Dorfkinder wollte etwas mit ihm zu tun haben, denn mit seinen Streichen vergraulte er jeden Spielkamerad. Die Dorfbewohner nannten ihn Wolf der Unhold. Nur die Tochter des Köhlers hatte einen Draht zu ihm. Die Jahre vergingen und der Junge wurde größer. Da der Junge noch immer der Schrecken des Dorfs war, schickten ihn seine Eltern nach Mainz, wo er Stallbursche werden sollte. Man hörte lange nichts mehr von Wolf. Der Erzbischof von Mainz beabsichtigte zu Pfingsten das Eichsfeld zu besuchen und wollte auf dem Rusteberg Quartier nehmen. Die Dorfbewohner wetteiferten mit denen der Burg beim Schmücken von Straßen und Plätzen. Als nun die Ankunft des Kurfürsten nahte, sammelten sich alle Bewohner der umliegenden Dörfer an der Straße zum Rusteberg, um ihren Erzbischof zu sehen. Der Zug kam und der Bischof segnete die Versammelten. Am Schluss des Zuges fiel ein Reisiger durch seinen schwarzen langen Bart und seine grimmigen Augen auf. So einem war alles zu zutrauen. Auch die beiden Alten waren mit der Tochter des Köhlers an der Straße. Als sie den Reisigen erblickten rief die Frau: „Wolf!“. Als sie den Reiter anhalten wollte, macht der eine abwehrende Handbewegung. Als er das Köhlermädchen sah, die in den Jahren größer geworden war, sagte er, dass er abends der Hütte der Eltern sein werde. Mit Zurückhaltung begrüßten die Eltern ihre Jungen. Wolf prahlte mit seine Taten, Streichen und Abenteuern, die er in Mainz erlebte. Eine Batzen Münzen warf der Sohn auf den Tisch und die Alten bewunderten ihren Sohn. Die Köhlerstochter erkannte jedoch die Veränderung Wolfs, wurde leise und kehrte bedrückt in die Köhlerhütte zurück.
Der Erzbischof blieb lange auf dem Rusteberg um die Angelegenheiten des Eichsfelds zu regeln. Wolf der Unhold kam jeden Abend zu seinem Elternhaus, um sich mit der Köhlerstochter zu treffen. Sie hatte einen guten Einfluss auf den jungen Mann. Am Tag seines Abschieds versprach er ihr, zurückzukommen und sie vor den Traualtar zu führen.
Als Wolf eines Tages um zu heiraten nach Marth zurückkehrte, lag das Dorf verlassen da. Sein Elternhaus war verschlossen. Von einer alten Frau am Waldrand erfuhr er, dass die Pest durchs Eichsfeld wütete. Auch seine Eltern und die Köhlerstochter sind ihr zum Opfer gefallen. Von der Alten ließ er sich die Gräber seiner Eltern und Mädchens zeigen. In seinem Schmerz verfluchte er Marth und er wolle keine Ruhe finden und in Ewigkeit wandern. Danach fiel er tot um. Nach drei Tagen verscharrten ihn die Dorfbewohner hinter der Burg. Zur Geisterstunde verfinsterte sich der Himmel unter großem Getöse. Die Bewohner von Marth schreckten aus dem Schlaf und die Mutigsten, die auf die Straße rannten, sahen über dem Bergfried der Burg einen Riesen und sie flüsterten: „Wolf der Unhold geht um!“. Die Einwohner gingen ihre Häuser und fingen an zu beten. Keiner konnte in jener Nacht Schlaf mehr finden. Am nächsten Morgen pilgerten sie auf Geheiß des Burgherrn in einer Prozession zum Rusteberg rauf. Ein Priester sprengte das Grab des Unholds mit Weihwasser und sie hofften Wolf würde endlich Frieden finden, doch in den nächsten Nächten begann immer zu Mitternacht der gleiche Spuk. Die Bewohner wussten nicht mehr weiter und der Burggraf schickte einen Eilboten zum Erzbischof nach Mainz. Der schickte einen Mönch zum Rusteberg, der auf der Bergspitze ein Gewölbe mauern ließ, indem die Überreste des Unholds bestattet wurden. Vor der verschlossenen Tür des Gewölbes stellte man eine Eisentruhe mit einem Pergament mit einer Beschwörungsformel des Mönchs. Das Gewölbe vergrub man unter einer meterdicken Decke Erde. Seitdem ist Ruhe auf dem Rusteberg.